Außenprüfung beim Steuerberater durch benachbartes Finanzamt […] »

Die Außenprüfung bei einem Steuerberater kann durch ein anderes als das an sich zuständige Finanzamt erfolgen, um typischerweise zu erwartende Spannungen zu vermeiden:

Dazu BFH-Urteil vom 20.10.2024 – VIII R 18/21:

Unter anderem führte der BFH aus,

  • dass Außenprüfungen von den für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden nach § 195 Satz 1 AO durchzuführen sind
  • Sie können andere Finanzbehörden mit der Außenprüfung beauftragen (§ 195 Satz 2 AO)
  • Die beauftragte Finanzbehörde darf kraft des Auftrags anstelle der an sich zuständigen Finanzbehörde die Außenprüfung durchführen
  • Sie ist zum Erlass der Prüfungsanordnung befugt
  • Der Einspruch gegen die Anordnung ist gegen die beauftragte Behörde zu richten, die auch über den Einspruch zu entscheiden hat (vgl. BFH-Urteil v. 06.08.2013 – VIII R 15/12, BFHE 242, 297, BStBl II 2014, 232, Rz. 11, m.w.N.)
  • Die Anordnung einer Auftragsprüfung ist eine Ermessensentscheidung
  • In der Prüfungsanordnung müssen die Gründe für die Übertragung der Prüfung genannt werden
  • Die Auftragsprüfung durch ein benachbartes Finanzamt wird von dem BFH als sachlich vertretbar und damit ermessensgerecht erachtet
  • Die Anordnung einer Auftragsprüfung bei einem Steuerberater kann mit der Vermeidung von typischerweise zu erwartenden Spannungen begründet werden
  • Macht der Steuerberater im Einspruchsverfahren Umstände geltend, die auf eine Zweckverfehlung im konkreten Einzelfall hindeuten, etwa weil er seine berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bezirk des beauftragten Finanzamts entfalte, muss das Finanzamt dem nachgehen und in der Einspruchsentscheidung eine individuelle Ermessensentscheidung treffen
  • Das Finanzamt muss derartige Umstände des Einzelfalls aber nicht von Amts wegen aufklären und berücksichtigen
  • Der Vortrag des Klägers, dass er seine berufliche Tätigkeit schwerpunktmäßig im Bezirk des beauftragten Finanzamts entfalte, kann der finanzgerichtlichen Überprüfung der Ermessensentscheidung schon deshalb nicht zugrunde gelegt werden, weil er im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (hier Einspruchsentscheidung) dem Finanzamt nicht bekannt war
  • Umstände, die der Kläger erstmals im Klageverfahren geltend macht, können bei der rechtlichen Überprüfung einer Ermessensentscheidung nicht berücksichtigt werden und
  • Die Beauftragung eines anderen Finanzamts nach § 195 Satz 2 AO verstößt weder gegen das Recht des Steuerpflichtigen auf informationelle Selbstbestimmung, noch wird sie durch das Datenschutzrecht eingeschränkt.

Praxishinweis: Wenn der Kläger seinen Vortrag bereits im Einspruchsverfahren vorgetragen hätte, dass er gerade im Bezirk des beauftragten Finanzamtes schwerpunktmäßig tätig gewesen wäre, hätte seine Klage erfolgreich sein können. Denn bei der Anfechtung von Ermessensentscheidung – wie vorliegend – ist wichtig, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nach § 367 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 AO maßgeblich ist, und im finanzgerichtlichen Verfahren im Regelfall keine neuen Tatsachen vorgetragen werden (vgl. BFH-Beschluss v. 15.7.2015 – IX B 38/15, BFH/NV 2015, 1431).

Die anderen BFH-Senate sehen es mittlerweile ähnlich, dass die Annahme rechtlich vertretbar und ermessensgerecht ist, durch die Übertragung einer Prüfung auf ein benachbartes Finanzamt Reibungen zwischen dem an sich zuständigen Finanzamt und dem betreffenden Steuerberater bei der Vertretung von Steuerpflichtigen zu vermeiden (vgl. BFH-Urteil vom 10.12.1987 – IV R 77/86, BFHE 152, 24, BStBl II 1988, 322, unter 4.; BFH-Beschluss vom 29.02.2012 – III B 235/11, BFH/NV 2012, 981, Rz. 12).

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