Umsatzsteuerrechtlicher Direktanspruch gegenüber Finanzverwaltung […] »
Auswirkungen der Rechtsprechung des EuGH (von „Reemtsma-Urteil“ des EuGH, vom 15.3.2007 – C-35/05 bis „Schütte-Urteil“ des EuGH vom 07.09.2023 – C 453/22 und „H-GmbH-Urteil“ des EuGH vom 05.09.2024 – C-83/23) auf die Rechtsprechung der deutschen Finanzgerichte.
Es sind bereits 17 Jahre seit dem o.g. „Reemtsma-Urteil“ des EuGH vergangen, aber der deutsche Gesetzgeber tut nichts, um dieses Problem durch gesetzliche Regelungen zu lösen. Derzeit wird der Direktanspruch nach §§ 162, 227 AO im Wege einer Billigkeitsmaßnahme geltend gemacht. Auch die Rechtsprechung des EuGH in den Jahren 2023, 2024 brachte vielmehr neue Fragen, als Lösungen. Dadurch wird die Durchsetzung des Direktanspruchs gegenüber Finanzverwaltung erschwert.
Der Direktanspruch bedeutet, dass ein Leistungsempfänger die zu Unrecht vom Leistenden in Rechnung gestellte Umsatzsteuer direkt vom Fiskus zurückverlangen kann, wenn die Erstattung der Mehrwertsteuer vom Leistenenden unmöglich oder übermäßig schwierig ist, insbesondere in Fällen der Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz. Dies ist inzwischen auch die gefestigte BFH-Rechtsprechung (BFH, Urteil v. 30.06.2015 -VII R 30/14, BFHE 250,34).
Die Finanzverwaltung erkennt zwar grds. die Existenz des Direktanspruchs an (BMF-Schreiben v. 12.04.2022 – III C2 – S – 7358/20/10001, BStBl 2022, 652). In der Praxis ist es aber leider genau umgekehrt. Die Finanzverwaltung stellt sich sowohl – außergerichtlich in Einspruchsverfahren – als auch – in Finanzgerichtsverfahren – in den meisten Fällen quer. Selbst auf Gerichtsvorschläge im Rahmen tatsächlicher Verständigungen gehen die Finanzämter oft nicht ein. Den Gerichtsvorschlägen wird im Regelfall nicht zugestimmt.
Allein in den Jahren 2023/2024 gab es diesbezüglich nachfolgende erstinstanzliche Urteile:
FG Niedersachsen, Urteil v. 15.8.2024 – 5 K 40/42 (Direktanspruch bei verjährtem Rückforderungsanspruch und nach Löschung des Leistenden wegen Vermögenslosigkeit; nicht rechtskräftig), Revision anhängig beim BFH – XI R 27/24
FG Münster, Urteil v. 23.01.2024 – 15 K 2327/20 AO (Direktanspruch gegen die Finanzverwaltung (sog. „Reemtsma-Anspruch“) besteht auch bei zivilrechtlich verjährten Ansprüchen des Leistenden; nicht rechtskräftig), Revision anhängig beim BFH – XI R 17/24
FG Baden-Württemberg, Urteil v. 06.12.2023 – 14 K 1423/21 (Direktanspruch des Leistungsempfängers gegenüber der Finanzverwaltung auf Erstattung eines in einer Gutschrift unberechtigt ausgewiesenen Steuerbetrags; nicht rechtskräftig), Revision anhängig beim BFH – XI R 11/24
FG München, Urteil v. 18.07.2024 – 14 K 247/23 (Kein Direktanspruch auf Erstattung bewusst gezahlter unrichtiger Umsatzsteuer; rechtskräftig), Nichtzulassungsbeschwerde eingereicht, aber zurückgenommen, BFH-Beschluss v. 25.10.2024 – V B 44/24.
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