Haftung des Geschäftsführers für Steuerschulden einer GmbH nach § 69 AO […]
Gemäß § 191 Abs. 1 S. 1 AO kann durch Haftungsbescheid in Anspruch genommen werden, wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet. Gemäß § 69 S. 1 AO, §§ 34 Abs.1 S.1, 35 Abs.1 S.1 AO haftet Geschäftsführer einer GmbH als deren gesetzliche Vertreter für die Steuerschulden der GmbH, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis in Folge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt werden.
Die Haftung nach § 69 AO bedeutet das Einstehenmüssen für die Schuld eines Dritten, so dass sich die Haftungs- und Steuerschuldnerschaft gegenseitig ausschließen.
Der Geschäftsführer einer GmbH kann sich gegenüber der Haftungsinanspruchnahme nicht darauf berufen, dass er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage gewesen sei, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen.
Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme der Geschäftsführung absehen bzw. das Amt niederlegen. Dies gilt auch beim eigenen Unvermögen des Geschäftsführers beziehungsweise beim Überwachungsverschulden des Geschäftsführers.
Die Haftung entfällt nach § 36 AO für den Geschäftsführer nicht rückwirkend, sondern erst ab dem Zeitpunkt, zudem seine Vertreterstellung endet (vgl. FG Münster Urteil vom 19.12.2022 – 4 K 1158/20 L (nicht rechtskräftig), Revision beim BFH unter Az. VII R 4/23; und FG Düsseldorf, Urteil vom 07.03.2023 – 7 K 883/20 H).
Nach Auffassung des BFH und des Finanzgerichts Münster (vgl. FG Münster, Urteil vom 30.04.2019 – 12 K 620/15, EFG 2019, 1257) ist dabei unerheblich, ob der Geschäftsführer nur als Strohmann tätig geworden sei (vgl. BFH, Beschluss vom 15.11.2022 – VII R 23/19). Auch haftet derjenige, der faktisch keinen Einfluss auf die Erfüllung der steuerlichen Pflichten der GmbH nahm. Da der faktische Geschäftsführer Verfügungsberechtigte im Sinne von § 35 AO ist, haftet auch er gemäß § 69 AO.
Die Haftung des Strohmannes steht neben der Haftung des faktischen Geschäftsführers. Beide oder nur einer von ihnen können in Haftung genommen werden. Allerdings ist das eine Frage der Ermessensausübung der Finanzverwaltung (vgl. FG Münster. Urteil vom 12.08.2022 – 4 K 1469/20 U, EFG 2022, 1797). Wenn nicht einmal die Inanspruchnahme des faktischen Geschäftsführers von der Finanzverwaltung geprüft wird, ist dies ermessensfehlerhaft (Hessisches FG, Beschluss vom 23.02.2022 – 6 V 1556/21).
Der Geschäftsführer einer GmbH ist nicht verpflichtet ist, die steuerlichen Angelegenheiten der GmbH selbst zu erledigen. Er ist vielmehr grundsätzlich befugt, die Erledigung anderen Personen zu übertragen. Der Geschäftsführer darf aber nur innerhalb gewisser Grenzen der Redlichkeit seiner Hilfspersonen Vertrauen schenken, wenn er sich nicht dem Vorwurf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung aussetzen will.
Er ist daher verpflichtet, diejenigen Personen, denen er die Erledigung der ihm als Vertreter des Steuerpflichtigen auferlegten steuerlichen Pflichten überträgt, sorgfältig auszuwählen und laufend zu überwachen.
Auf das eigene Unvermögen, den Aufgaben eines Geschäftsführers nachzukommen, kann sich dabei niemand berufen. Wer den Anforderungen an einen gewissenhaften Geschäftsführer nicht entsprechen kann, muss von der Übernahme des Geschäftsführeramtes absehen bzw. dieses Amt niederlegen.
Wer hingegen die Stellung eines Geschäftsführers nominell und formell übernimmt, haftet, sofern ihm auch der Vorwurf persönlichen Verschuldens mindestens vom Grade grober Fahrlässigkeit gemacht werden kann, nach § 69 AO auch dann, wenn er nicht befähigt oder aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage ist, seinen Überwachungsaufgaben nachzukommen (vgl. BFH/NV 1998, 1325, unter II.1., m.w.N.).
Dasselbe gilt für den Einwand, dass sich der Geschäftsführer einer GmbH nicht damit entschuldigen kann, dass in Wirklichkeit der Ehepartner die Geschäftsführertätigkeit wahrgenommen habe (vgl. BFH, Urteil vom 07.05.1985 – VII R 111/78, BFH/NV 1987, 210) oder es sich bei dem nominell bestellten Geschäftsführer lediglich um einen „Strohmann“ gehandelt habe und die Geschäfte tatsächlich von einer anderen Person geführt worden seien (vgl. BFH, Urteil vom 11.03.2004 – VII R 52/02, BFHE 205, 14, BStBl II 2004, 579, unter II.1.b).
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