Mögliche Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge (1% monatlich) in voller Höhe nach dem 31.12.2018 (aktuelle BFH-Rechtsprechung, der BFH-Beschluss vom 23.05.2022 – V B 4/22 (AdV)) […] »

Die Säumniszuschläge nach § 240 AO sind in voller Höhe zu erlassen, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge nach § 240 AO für die nach dem 31.12.2018 verwirkten Säumniszuschläge bestehen (siehe hierzu BFH-Beschluss vom 23.05.2022 – V B 4/22 (AdV), Anschluss an den BFH-Beschluss vom 31.08.2021 – VII B 69/21 (AdV)).

Der BFH hat mehrfach ausgeführt, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 S. 1 AO bestünden (BFH v. 14.4.2020 – VII B 53/19, BFH/NV 2021, 177 Rz. 3; v. 30.6.2020 – VII R 63/18, ECLI:DE:BFH:2020:U.300620.VIIR63.18.0, BStBl. II 2021, 191 Rz. 23). Dies gelte jedenfalls insoweit, als Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukomme, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion (BFH v. 21.10.2020 – VII B 121/19, BFH/NV 2021, 326 Rz. 33).

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Zielsetzung der Säumniszuschläge als Druckmittel durch die verwirkten Säumniszuschläge nicht mehr erreicht werden kann, weil Steuerschulden als Hauptschulden beglichen worden sind. In Betracht kämen z.B. die Erlassanträge nach § 227 AO, so dass die Erhebung der Säumniszuschläge daher gänzlich sachlich unbillig wäre.

Beachte: Im Regelfall erlässt die Finanzverwaltung nach der Begleichung der Steuerhauptschulden lediglich 50 % der Säumniszuschläge. Nach o.g. aktueller BFH-Rspr. wäre somit der Erlass der Säumniszuschläge zu 100 % für die nach dem 31.12.2018 verwirkten Säumniszuschläge rechtlich möglich. Zu beachten ist auch, dass es sich dabei lediglich um ein Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV) gehandelt hat. Der Ausgang des Hauptverfahrens ist daher noch abzuwarten.

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