Ermittlung der Strafe bei Steuerhinterziehung nach § 370 AO […] »

Der BGH macht nochmals klar, dass bei der Hinterziehung von Steuern in Millionenhöhe eine Bewährungsstrafe nur bei besonders gewichtigen Milderungsgründen in Betracht kommt. Dies gilt auch, wenn die Tat im Versuchsstadium verblieben ist (vgl. BGH-Urteil vom 19.10.2022 – 1 StR 269/22).

Es gelten die folgenden durch den BGH (vgl. BGH-Urteil vom 2.12.2008 – 1 StR 416/08, und BGH-Urteil vom 27.10.2015 – 1 StR 373/15) aufgestellten Grundregeln zur Ermittlung der Strafzumessung bei Steuerhinterziehung, bei denen jedoch Ausnahmen (keine schematischen Grenzen) möglich sind:

  • Bis 50.000 € (Hinterziehungsbetrag) kommt noch Geldstrafe in Betracht. Hier liegt zudem die Grenze für die Steuerhinterziehung im großen Ausmaß nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 AO.
  • Bis 1 Mio. € (Hinterziehungsbetrag) kommt noch Bewährungsstrafe in Betracht und
  • Über 1 Mio. € (Hinterziehungsbetrag) kommt Freiheitsstrafe in Betracht. Nur in Ausnahmefällen kann bei besonders gewichtigen Milderungsgründen diese Freiheitstraffe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Zu beachten ist, dass die oben aufgestellten Regeln auch für die versuchte Steuerhinterziehung nach § 370 Abs.2 AO gelten (vgl. BGH-Urteil vom 19.10.2022 – 1 StR 269/22).

Bei einem Hinterziehungsbetrag unter 1 Mio. € kommt auch als Ausnahmefall eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren in Betracht (vgl. BGH-Urteil vom 26.9.2012 – 1 StR 423/12).

Bei einem Steuerschaden über 1 Mio. € kommt nur im Ausnahmefall eine Freiheitsstrafe zur Bewährung in Betracht. Hierfür müssen besonders gewichtige Milderungsgründe vorliegen.

Allein der Umstand, dass der Steuerschaden beseitigt wurde bzw. der Täter nicht vorbestraft ist, stellt im Regelfall keine besonders gewichtigen Milderungsgründe dar (vgl. BGH-Urteil vom 7.2.2012 – 1 StR 525/11).

Wann die Grenze von 1 Mio. € überschritten ist, richtet sich anders als bei der Grenze von 50.000 € nach der Addition des Verkürzungserfolges aller Taten. D.h. die Verkürzungsbeträge sind bei Tatmehrheit zu addieren (vgl. BGH-Urteil vom 22.5.2012 – 1 StR 103/12).

Der BGH betont in seiner ständigen Rechtsprechung, dass die Vorstrafenfreiheit, ein Geständnis oder die Steuernachzahlung keine gewichtigen Milderungsgründe darstellen.

Ansprechpartner für Steuerstrafrecht, Wirtschaftsstrafrecht, Steuerstreitrecht (Einspruchs- und Finanzgerichtsverfahren): Konstantin Weber, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Karlsruhe, Bruchsal, Rastatt, Ettlingen, Offenburg, Pforzheim, Baden-Baden, Speyer, Bühl, Gaggenau, Freudenstadt, Nagold, Horb am Neckar, Rheinstetten, Bretten, Waghäusel, Landau in der Pfalz, Germersheim, Neustadt an der Weinstraße, Ludwigshafen am Rhein, Frankenthal (Pfalz), Ludwigshafen am Rhein, Mannheim, Schwetzingen, Heidelberg, Hockenheim, Wiesloch, Sinsheim, Mosbach, Neckargmünd, Bad Rappenau, Eppingen, Heilbronn, Ludwigsburg, Stuttgart

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Praxisrelevante Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht […] »

Die wichtigsten höchstrichterlichen Entscheidungen zum Steuerstrafrecht im Jahr 2021.

Im Jahr 2021 ist eine Reihe von Entscheidungen im Bereich des Steuerstrafrechts ergangen. Im nachfolgenden von mir verfassten Beitrag sind in kompakter Form schwerpunktmäßig die Themenfelder herausgegriffen worden, die eine besondere Praxisrelevanz aufweisen. Dieser Beitrag ist nachfolgend in voller Länge und für bestimmte Zeit (bis Juni/Juli 2023) kostenlos abrufbar: „Praxisrelevante Rechtsprechung zum Steuerstrafrecht „NWB 52/2022, 8/2022, S. 3730-3736

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Strafrechtliche Risiken der Steuerberater im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen […] »

Es treten immer mehr Steuerberater als Hilfeleistende für Unternehmen und private Personen in Erscheinung, wenn es darum geht, den finanziell Angeschlagenen in Steuerfragen zu unterstützen. Insbesondere beantragen Steuerberater für ihre Mandanten die Corona-Soforthilfen und stellen Anträge auf Stundungen der Steuerzahlungen. Viele Steuerberater fragen sich, ob sie dabei einem gewissen strafrechtlichen Risiko ausgesetzt sind. Der Beitrag zeigt, ob strafrechtliches Risiko für Steuerberater besteht.

Mehr dazu ist in meinem Beitrag in PStR (Praxis Steuerstrafrecht) nachfolgend zu lesen:

https://www.iww.de/pstr/leserforum/der-steuerberater-fragt-der-strafverteidiger-antwortet-strafrechtliche-risiken-der-steuerberater-im-zusammenhang-mit-corona-soforthilfen-f144923

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Anspruch auf persönliche Anwesenheit bei Schlussbesprechung im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 201 AO? […] »

In Corona-Zeiten (Herbst/Winter 2022/2023) wird sich diese Frage erneut stellen.

In Baden-Württemberg, insbesondere in Baden haben sich manche Finanzämter geweigert, die Schlussbesprechungen persönlich abzuhalten. Ob darauf ein rechtlicher Anspruch besteht, ist dem folgenden Beitrag zu entnehmen.

Zum Sachverhalt:

Die Antragstellerin begehrt die Durchführung einer persönlichen Schlussbesprechung i.S.d. § 201 der Abgabenordnung (AO). Das FA empfahl eine telefonische Schlussbesprechung aufgrund der Corona-Pandemie, die von der Antragstellerin abgelehnt wurde.

Da ein Termin für eine fernmündliche Schlussbesprechung nicht benannt wurde, ist seitens des FA davon ausgegangen worden, dass ein Interesse an einer Schlussbesprechung tatsächlich nicht bestand.

Die Antragstellerin hat daraufhin einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim FG gestellt, die Durchführung einer Schlussbesprechung unter persönlicher Anwesenheit der Beteiligten zu erreichen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass eine persönliche Schlussbesprechung über den endgültigen Betriebsprüfungsbericht für die Antragstellerin mit gleichzeitiger Anwesenheit der Beteiligten vor dem Ergehen von Steueränderungsbescheiden zwingend gewesen sei.

Rechtliche Feststellungen:

Das Finanzgericht (FG Düsseldorf, Beschluss v. 11.5.2020 – 3 V 1087/20 AE(AO); rechtskräftig) lehnte den Antrag ab. Im Nachfolgenden sind die wichtigsten Feststellungen des FG nachzulesen:

  • Es besteht kein Anspruch auf die Durchführung einer persönlichen Schlussbesprechung.
  • Im § 201 Abs.1 Satz 1AO sind keine näheren Angaben über die Durchführung einer Schlussbesprechung enthalten.
  • Dem § 201 Abs. 1 Satz 1 AO sind keine Vorgaben zu dem Ort sowie der Art und Weise der Durchführung einer Schlussbesprechung zu entnehmen. Die Prüfungsfeststellungen können daher in einem telefonischen Gespräch oder in einer Videokonferenz erörtert werden.
  • Vor dem Hintergrund der Corona-Epidemie war es ermessensgerecht, eine telefonische Schlussbesprechung anzubieten.
  • Dem Sinn und Zweck des § 201 AO, strittige Sachverhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen zu erörtern, hätte auf diese Weise unproblematisch entsprochen werden können.
  • Das Angebot des Finanzamtes, eine telefonische Schlussbesprechung abzuhalten, hat die Antragstellerin abgelehnt, so dass von einem Verzicht der Antragstellerin auf die Durchführung einer Schlussbesprechung auszugehen ist.

Hinweis für die Praxis:

Es steht im Ermessen des FA, wie Schlussbesprechungen zu erfolgen sind. Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Volltext ist auf der Homepage des FG Düsseldorf zu lesen.

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Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug in Corona-Zeiten […] »

Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug aufgrund der bewilligten Corona- Soforthilfen, gewährten Stundungen oder Kurzarbeitergeld.

Strafrechtliche Relevanz und einschlägige Rechtsprechung.

Steuerhinterziehung aufgrund von Stundungen und Kurzarbeitergeld. Abgrenzung zu den berufsneutralen Handlungen.

Mehr dazu ist im Beitrag von mir im Datev-Magazin nachfolgend zu lesen:

https://www.datev-magazin.de/praxis/steuerberatung/den-bumerang-abfangen-76981

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Gesetzgebung vertagt – Verbandssanktionengesetz – […] »

Das neue Gesetz zur Regelung des Unternehmensstrafrechts hatte es in der letzten Legislaturperiode nicht mehr ins Bundesgesetzblatt geschafft. Die Ampelkoalition hat das Gesetzesvorhaben zwar wieder auf der Agenda, aber aufgrund der brisanten politischen Lage erneut zurückgestellt.

Mehr dazu ist im aktuellen Beitrag von mir und von RA Robert Brütting im Datev-Magazin nachfolgend zu lesen:

https://www.datev-magazin.de/praxis/rechtsberatung/gesetzgebung-vertagt-81930

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Mögliche Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge (1% monatlich) in voller Höhe nach dem 31.12.2018 (aktuelle BFH-Rechtsprechung, der BFH-Beschluss vom 23.05.2022 – V B 4/22 (AdV)) […] »

Die Säumniszuschläge nach § 240 AO sind in voller Höhe zu erlassen, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Säumniszuschläge nach § 240 AO für die nach dem 31.12.2018 verwirkten Säumniszuschläge bestehen (siehe hierzu BFH-Beschluss vom 23.05.2022 – V B 4/22 (AdV), Anschluss an den BFH-Beschluss vom 31.08.2021 – VII B 69/21 (AdV)).

Der BFH hat mehrfach ausgeführt, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge nach § 240 Abs. 1 S. 1 AO bestünden (BFH v. 14.4.2020 – VII B 53/19, BFH/NV 2021, 177 Rz. 3; v. 30.6.2020 – VII R 63/18, ECLI:DE:BFH:2020:U.300620.VIIR63.18.0, BStBl. II 2021, 191 Rz. 23).

Dies gelte jedenfalls insoweit, als Säumniszuschlägen nicht die Funktion eines Druckmittels zukomme, sondern die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern, mithin also eine zinsähnliche Funktion (BFH v. 21.10.2020 – VII B 121/19, BFH/NV 2021, 326 Rz. 33).

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Zielsetzung der Säumniszuschläge als Druckmittel durch die verwirkten Säumniszuschläge nicht mehr erreicht werden kann, weil Steuerschulden als Hauptschulden beglichen worden sind. In Betracht kämen z.B. die Erlassanträge nach § 227 AO, so dass die Erhebung der Säumniszuschläge daher gänzlich sachlich unbillig wäre.

Beachte: Im Regelfall erlässt die Finanzverwaltung nach der Begleichung der Steuerhauptschulden lediglich 50 % der Säumniszuschläge.

Nach o.g. aktueller BFH-Rspr. wäre somit der Erlass der Säumniszuschläge zu 100 % für die nach dem 31.12.2018 verwirkten Säumniszuschläge rechtlich möglich. Zu beachten ist auch, dass es sich dabei lediglich um ein Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV) gehandelt hat. Der Ausgang des Hauptverfahrens ist daher noch abzuwarten.

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Das deutsche Finanzamt ist keine Staatsanwaltschaft und darf keine Europäische Ermittlungsanordung erlassen […] »

Das deutsche Finanzamt ist keine Staatsanwaltschaft und darf keine Europäische Ermittlungsanordung erlassen:

Der EuGH wird in einer Rechtssache entscheiden, in der das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Münster eine Europäische Ermittlungsanordung erlassen hat.

Der Generalanwalt beim EuGH führt aus, dass zwar das Finanzamt Münster eine deutsche Verwaltungsbehörde sei, die nach den nationalen Vorschriften ermächtigt sei, in Bezug auf bestimmte Straftaten die Rechte und Pflichten der Staatsanwaltschaft wahrzunehmen. Dies aber berechtigt nicht das Finanzamt Münster gleichwertig wie Staatsanwaltschaft zu sein, so dass es nicht ausreiche, beide Organe gleichzustellen.

Das Finanzamt Münster sei daher nach Auffassung des Generalanwalts verpflichtet, vor der Übermittlung einer Europäischen Ermittlungsanordnung an die Vollstreckungsbehörde deren Validierung durch einen Richter, ein Gericht, einen Staatsanwalt oder einen Ermittlungsrichter im Anordnungsstaat (hier Deutschland) einzuholen (Generalanwalt beim EuGH 11.03.21, C-66/20; EuGH – C-66/20 (anhängig)).

Beachte: Im Regelfall folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts. Die Entscheidung des EuGH ist abzuwarten.

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Ungerechtfertigte Einleitung der Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden wegen Verdachts der Steuerhinterziehung: Was soll beachtet werden […] »

Ungerechtfertigte Einleitung der Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden wegen Verdachts der Steuerhinterziehung:

Wo sind die rechtlichen Grenzen?

In welchen Fällen sind Amtshaftungsansprüche evtl. begründet?

Wo sind die Stolpersteine bei Erhebung der Amtshaftungsklagen?

Die davor skizierte Problematik taucht nicht selten bei der steuerlichen Geltendmachung der Betriebsausgaben nach § 4 Abs.4 EStG auf, wenn die StraBuSt die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nach dem Abschluss der Betriebsprüfungen für die zurückliegenden Besteuerungszeiträume wegen Verdachts der ungerechtfertigten Geltendmachung der überhöhten Betriebsausgaben einleiten. Den Beschuldigten entstehen bereits in diesen Verfahrensphasen erhebliche Kosten im Rahmen der Verteidigung durch die von ihnen beauftragten Steuerstrafverteidiger.

Einleitung der Strafverfahren durch die Strafverfolgungsbehörden:

Bei Durchführung der Betriebsprüfungen muss der Betriebsprüfer entscheiden, ob und wann er seine Erkenntnisse aus der Betriebsprüfung, die evtl. einen Anfangsverdacht begründen könnten, an die die StraBuSt weitergibt. Er wird dazu durch § 10 BpO verpflichtet. Die Klärung der weiteren Frage, wann ein Anfangsverdacht gegeben ist, lässt sich in der Praxis nur im Einzelfall klären. Die Ermittlungsbehörden haben bei der Prüfung, ob ein Anfangsverdacht i.S.d. § 152 StPO vorliegt, kein Ermessen.

Nach § 152 StPO sind die Strafverfolgungsbehörden verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das ist der Fall, wenn nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt (vgl. BGH vom 21.4.1988 – III ZR 255/86, NJW 1989, 96).

Die höchstrichterliche Rechtsprechung billigt den Strafverfolgungsbehörden aber bei der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eine gewisse Freiheit bei der Bildung ihrer Auffassung zu (vgl. BGH vom 21.4.1988 – III ZR 255/86, StV 1988, 441; OLG Düsseldorf vom 27.4.2005 – I – 15 U 98/03, NJW 2005, 1791). Verschiedene Betrachter können ohne pflichtwidrig zu handeln, durchaus zu unterschiedlichen rechtlichen Ergebnissen gelangen.

Dabei ist hinsichtlich der Frage, ob ein Anfangsverdacht bestanden hat, nicht auf den Stand heutiger Erkenntnisse, sondern auf die zum Zeitpunkt der Einleitung des Ermittlungsverfahrens bekannten Tatsachen abzustellen (vgl. BGH vom 21. April 1988 – III ZR 255/86, MDR 1988, 938; vom 23. Oktober 2003, III ZR 9/03,NJW 2003, 3693; OLG Dresden, vom 21. Februar 2001, 6 U 2233/00, OLGR Dresden 2001, 551).

Die Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden ist nicht auf ihre “Richtigkeit”, sondern allein daraufhin zu überprüfen, ob sie vertretbar ist (std. Rspr. BGH vom 21. April 1988 – III ZR 255/86, NJW 1989, 96).

Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den Beschuldigten nicht mehr verständlich wäre (BGH vom 15. Mai 1997, III ZR 46/96, WM 1997, 1755) oder vereinfacht ausgedrückt, wenn die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den Beschuldigten bei kundigen Dritten mit gleichem Kenntnisstand gewissermaßen ein “Kopfschütteln” hervorriefe.

Wann allerdings ein “Kopfschütteln” vorliegt, ist nicht ganz klar und dies kann nur im Einzelfall durch die jeweiligen gerichtlichen Würdigungen geklärt werden.

In diesem Zusammenhang ist eine sehr lesenswerte Gerichtsentscheidung des OLG Düsseldorf vom 27.4.2005 – I – 15 U 98/03, NJW 2005, 1791 zu empfehlen.

Erhebung der Amtshaftungsklagen nach §§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG:

Insbesondere für Steuerberater ist wichtig, die die Steuerstrafverteidigung, wo rechtlich zulässig, übernommen haben und wegen ihrer Kosten für Mandanten Amtshaftungsklagen in Erwägung ziehen, Folgendes zu beachten:

Die Erhebung der Amtshaftungsklagen (erste Instanz) ist nur bei Landgerichten (Zivilkammer) wegen Anwaltszwangs rechtlich möglich. Steuerberater, die zugleich keine Rechtsanwälte sind, sind zur Klageerhebung für ihre Mandanten nicht berechtigt.

Die darauf gestützte Entscheidung, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten, ist im Amtshaftungsprozess nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen. Das Zivilgericht prüft daher im Rahmen der Pflichtverletzung, ob ein “Kopfschütteln” vorliegt.

Bei der Amtshaftung nach § 839 BGB kommt es im Einzelnen auf folgende Voraussetzungen an:

  1. Verletzung einer Amtspflicht;
  2. Durch einen Beamten;
  3. verschuldet;
  4. Kein Mitverschulden von Beschuldigten oder Berater;
  5. Das Vorliegen eines Schadens;
  6. Haftungsbeschränkung durch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit.

Der Kläger (der Beschuldigte) hat zu beweisen:

  1. Rechtswidrigkeit der Maßnahmen der Strafverfolgungsbehörde;
  2. Schädigung durch den Beamten als Amtsträger;
  3. Verschulden des Beamten (schuldhaft, d.h. vorsätzlich oder fahrlässig);
  4. Kausalität;
  5. Unmöglichkeit, anderweitigen Ersatz (etwa vom Steuerberater) zu erlangen.

Das jeweilige Bundesland als Beklagte hat zu beweisen:

  1. Versäumung eines Rechtsmittels;
  2. Mitverschulden.

Sachlich zuständig für die Klagen sind die Landgerichte (Zivilkammer).

Örtliche Zuständigkeiten hängen von den jeweiligen Verordnungen der Bundesländer ab. Sind die Beamten der StraBuSt betroffen, denen die Verletzung der Amtspflichten anzulasten sind, ist im Bundesland Baden-Württemberg im Regelfall das Landgericht Karlsruhe nach § 18 ZPO zuständig, da die Zuständigkeit in solchen Fällen der OFD Karlsruhe übertragen wurde. In den meisten anderen Fällen ist im Bundesland Baden-Württemberg das Landgericht Stuttgart zuständig.

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Direktanspruch in der Umsatzsteuer, Anmerkungen und Praxistipps zum BFH-Beschluss v. 25.6.2020 – V B 88/19, Beitrag im NWB (S. 1253-1256) von RA/FAStR Konstantin Weber […] »

Direktanspruch in der Umsatzsteuer : Anmerkungen und Praxistipps zum BFH-Beschluss v. 25.6.2020 – V B 88/19

Der BFH hat in seinem Beschluss v. 25.6.2020 – V B 88/19  ausgeführt, dass ein sich aus dem Unionsrecht entsprechend dem EuGH-Urteil Reemtsma Cigarettenfabriken (EuGH, Urteil v. 15.3.2007 – Rs. C-35/05) ergebender Direktanspruch voraussetze, dass der Rechnungsaussteller eine Leistung an den Rechnungsempfänger erbracht habe. Gegenteiliges sei der EuGH-Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug bei Anzahlungen nicht zu entnehmen.

Der Gesetzgeber hat leider die Umsetzung einer Vorschrift im Umsatzsteuergesetz verpasst, um den Direktanspruch des Leistungsempfängers gegen die Finanzverwaltung in Fällen der Insolvenz des Leistenden und in ähnlich gelagerten Fällen gesetzlich zu regeln, obwohl diese Rechtsunklarheit zulasten der Steuerpflichtigen dem Gesetzgeber bereits seit Jahren bekannt ist.

Dieses Problem wird sich während und nach der Corona-Pandemie und vor allem nach der Außerkraftsetzung der künstlich eingeführten Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für juristische Personen noch mehr zuspitzen. Denn es wird mehr Unternehmer geben, die als Leistende von der Insolvenz betroffen sein werden und damit wird es mehr Rückabwicklungsprobleme wegen der Rückerstattung der Umsatzsteuer mit den Leistungsempfängern und mit der Finanzverwaltung geben.

Mehr dazu ist in meinem aktuellen Beitrag im NWB Steuer- und Wirtschaftsrecht (Ausgabe 17/2021, S. 1253-1256) nachfolgend zu lesen. https://datenbank.nwb.de/Dokument/Anzeigen/854109/

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